Gewaltschutz und Flucht:
Aufnahme von geflüchteten Frauen ins Frauenhaus
1. Welche Auswirkungen haben die Wohnsitzauflage bzw. Residenzpflicht für gewaltbetroffene Frauen bei der Aufnahme ins Frauenhaus oder dem Wechsel einer Unterkunft?
Hat sich die Frau aufgrund einer akuten Gewaltsituation bereits in ein Frauenhaus begeben, ist folgendes zu beachten: Bei bestehender Wohnsitzverpflichtung für einen anderen Ort oder Landkreis muss bei der Zuzugsbehörde die Umverteilung in den Ort, an dem sich das Frauenhaus befindet, beantragt werden (siehe Kapitel: Gewaltschutzmaßnahmen für geflüchtete Frauen, Frage 3).
Eventuell besteht noch eine Residenzpflicht (siehe Kapitel: Asyl- und Aufenthaltsrechtliche Regelungen, Frage 6) und die betroffene Frau verstößt mit ihrem Wechsel ins Frauenhaus gegen diese. Das stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Bei gewaltbetroffenen Frauen gilt eine solche Ordnungswidrigkeit, die durch die Flucht vorm Täter entsteht, aber als gerechtfertigt und hat keinen direkten negativen Einfluss auf das Asylverfahren.
2. Welche Schwierigkeiten können für gewaltbetroffene Frauen bei Verletzung der Residenzpflicht entstehen?
Die Verletzung der Residenzpflicht bedeutet eine Ordnungswidrigkeit (§86 AsylG), mehrfache Verstöße stellen schon eine Straftat dar (§85 Nr. 2 AsylG). Bei gewaltbetroffenen Frauen gilt eine solche Ordnungswidrigkeit, die durch die Flucht vor dem Täter entsteht, aber als gerechtfertigt und hat keinen direkten negativen Einfluss auf das Asylverfahren.
3. Wie funktionieren Umverteilungsanträge? Gibt es die Möglichkeit, eine Umverteilung wegen Gefährdung zu beschleunigen? Kann beeinflusst werden, wohin die betroffene Frau umverteilt wird?
Personen, die Asyl beantragen oder eine Duldung haben, werden einem bestimmten Aufenthaltsort zugewiesen. Einmal zugewiesen, kann später durch einen Umverteilungsantrag versucht werden, die Erlaubnis für den Umzug an einen anderen Ort (innerhalb des Bundeslandes oder länderübergreifend) zu erwirken. In Fällen besonders vulnerabler Personen (z.B. bei dringendem Bedarf für spezialisierte Unterstützung) ist es manchmal sinnvoll, gleich zu Beginn mit Asylantragstellung die Erstzuweisung an einen spezifischen Ort durch einen Zuweisungsantrag zu ersuchen.
Bei der Entscheidung über die Anträge sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder „sonstige humanitäre Gründen von vergleichbarem Gewicht“ zu berücksichtigen.
Es ist jederzeit möglich, dass die betroffene Person selbst, ggf. mit Hilfe von Unterstützenden, auf eine beschleunigte Bearbeitung eines Umverteilungsantrages drängt – im Falle von Gewaltbetroffenheit ist das auch gut zu begründen. Eine grundsätzliche gesetzliche oder verwaltungsinterne Vorgabe, dass bestimmte Anträge beschleunigt zu bearbeiten sind, gibt es nicht. Grundsätzlich kann bei Untätigkeit einer Behörde frühestens nach drei Monaten sogenannte Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht erhoben werden.
Aus dem Wortlaut des Gesetzes/der Vorschrift folgt, dass die landesinterne Verteilung Vorrang vor der länderübergreifenden Verteilung genießt und insbesondere bei Umverteilungsanträgen aus humanitären Gründen zu beachten ist. Für die Bearbeitung der Anträge ist die für den Zuzugsort zuständige Ausländerbehörde jeweils zuständig (sogenannte „Zuzugsbehörde“).
Inwieweit dem Umzug in genau den Wunschort entsprochen wird und entsprochen werden kann, hängt also davon ab, ob humanitäre Gründe vorliegen und vorgetragen werden, die einen Umzug an genau diesen Ort erforderlich machen. Hierfür ist es zum Beispiel wichtig vorzutragen, dass die Frau an dem Wunschort die notwendige Unterstützung erhält, dort Verwandtschaft lebt, die sie unterstützt oder dort ein Platz im Frauenhaus frei ist. Die Anforderungen an die Begründung von Umverteilungsanträgen sind in der Regel recht hoch, im Falle von gewaltbetroffenen Frauen jedoch unter den oben genannten Gesichtspunkten gut zu begründen. Der allgemein formulierte Wunsch, an einem bestimmten Ort wohnen zu wollen, reicht in der Regel nicht aus.
Einer Umverteilung im Status der Duldung, also möglicherweise nach negativem Abschluss eines Asylverfahrens, wird nur in besonderen Ausnahmefällen zugestimmt. Aus behördlicher Sicht ist die Person zur Ausreise verpflichtet und ihre Rechte seien daher auf ein Minimum begrenzt. Dennoch darf der Gewaltschutz auch in diesen Fällen nicht ausgehebelt werden und entsprechende Anträge sollten bei Vorliegen der Voraussetzungen gestellt werden.