Häusliche Gewalt
Merkmale und Tatsachen
Häusliche Gewalt oder auch Partnergewalt liegt immer dann vor, wenn es in einer häuslichen Gemeinschaft (z.B. Ehe, Lebenspartnerschaft, Beziehung) zu Gewalt kommt.
Es ist auch dann häusliche Gewalt, wenn die häusliche Gemeinschaft gerade aufgelöst wird oder eine Trennung noch nicht allzu lange zurück liegt. Die Tat muss nicht innerhalb der gemeinsamen Wohnung stattfinden.
Häufig ist häusliche Gewalt ein Komplex aus sexualisierten, körperlichen und psychischen Gewalthandlungen, die ineinander greifen. Jede vierte in Deutschland lebende Frau hat häusliche Gewalt erfahren. Die Hälfte der Frauen, die seit ihrem 16. Lebensjahr körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben, haben diese durch den (Ex-) Partner erfahren.
Im Jahr 2022 wurden von Frauen über 157.818 Fälle von Gewalt durch ihre Partner oder Ex-Partner bei der Polizei zur Anzeige gebracht. Im Jahr 2022 wurden 133 Frauen von ihrem (Ex)Partner getötet.
Die Dunkelziffer und tatsächliche Vorkommen von Gewalt gegen Frauen ist deutlich höher, denn sehr viele Frauen gehen nicht zur Polizei und zeigen ihren (Ex-) Partner nicht an.
Weltweit erleben Frauen Gewalt überwiegend im vermeintlichen Schutzraum der eigenen vier Wände.
Frauen aus allen sozialen Schichten, mit unterschiedlichem Einkommen und Bildungsstand und jeder Herkunft können von häuslicher Gewalt betroffen sein. Häusliche Gewalt betrifft immer auch die Kinder der Frauen, die Gewalt erleben. Die Täter setzen gewalttätiges Verhalten – bewusst oder unbewusst – ein, um Macht und Kontrolle auszuüben. Handlungen häuslicher Gewalt können z.B. Drohungen, Erniedrigungen, soziale Kontrolle und Isolation, Schläge und Tritte oder das Erzwingen sexueller Handlungen sein. In den meisten Fällen wird die Gewalt auf mehreren Ebenen ausgeübt. Häusliche Gewalt bedeutet eine komplexe, bedrohliche und demütigende Gesamtsituation für die betroffenen Frauen.
Studienergebnisse zeigen, dass häusliche Gewalt meistens wiederholt angewandt wird. Sie kann über Jahre hinweg anhalten. Die Häufigkeit und die Intensität der Gewalthandlungen können im Verlauf der Zeit eskalieren.
Den Studien zufolge war die Schwere von sexualisierter und körperlicher Gewalt durchgängig höher, wenn es sich um Gewalthandlungen durch den Beziehungspartner anstatt durch einen anderen Täter handelte.
Viele Frauen schämen sich für das, was ihnen angetan wird und werten sich selbst ab. Sie erleben vielfältige Ängste, z.B. vor unkontrollierbaren Wutausbrüchen des Partners oder um ihre Kinder.
Es gibt verschiedene Gründe, warum Frauen gewalttätige Beziehungen nicht verlassen.
Häufig gibt es ein ambivalentes Verhältnis zum Täter, dessen Verhalten oft zwischen scheinbar liebevollen und gewaltsamen Phasen wechselt. Viele Täter äußern nach den Gewalthandlungen Reue und versprechen, dass es nie wieder vorkommen wird. Das kann dazu führen, dass kurzzeitige realistische Einschätzungen der Situation und Gefahr sowie Gefühle von Wut und Angst durch die Betroffenen in den Hintergrund gestellt werden. Aber auch Angst vor der Reaktion auf einen Trennungsversuch, Angst vor gesellschaftlichen Abwertungen und Schuldzuweisungen oder Angst vor dem Verlust der Kinder sind Gründe, gewalttätige Beziehungen nicht zu verlassen. Die Zeit der Trennung ist für betroffene Frauen oft die gefährlichste, hier erfolgen die meisten Misshandlungen und Tötungen. Die Entscheidung, einen gewalttätigen Partner nicht zu verlassen, kann eine sehr rationale und vernünftige Entscheidung sein, auch wenn dies für Außenstehende auf den ersten Blick nicht so wirkt.
Auch geschlechtsspezifische Sozialisationserfahrungen tragen zur Aufrechterhaltung der gewalttätigen Beziehung bei. Dazu gehört, wenn Mädchen und Frauen in ihrer Sozialisation vermittelt wird, dass ihr Wert von ihrer Beziehung zu Männern abhängt oder dass sie in Beziehungen nachgiebig und passiv zu reagieren haben.
Zur Aufrechterhaltung gewalttätiger Beziehungen trägt darüber hinaus die gesellschaftliche Bagatellisierung dieser Gewalt bei.
Außerdem können rechtliche Faktoren wie z.B. aufenthaltsrechtliche Bestimmungen oder ökonomische Abhängigkeiten die Gewaltbeziehung stabilisieren.
Häusliche Gewalt beinhaltet komplexe und verschiedenartige Erlebens- und Verhaltensweisen, die in ihrer Dynamik sehr unterschiedlich sein können. Die Motivationen der betroffenen Frauen, z.B. keine Trennung herbeizuführen, können ebenfalls sehr unterschiedlich sein und beruhen keinesfalls allein auf psychischen Faktoren wie Hilflosigkeit, Ambivalenz oder Abhängigkeit.