Mehrfachdiskriminierung
Ebenen
Um die Spezifik von Mehrfachdiskriminierung zu verstehen ist es hilfreich, danach zu fragen, durch wen die Diskriminierung erfolgt. So macht Diskriminierung, die vom Staat ausgeht, ganz andere Schritte zu ihrer Bekämpfung nötig, als Diskriminierung, die von einer Einzelperson gegen geltendes Recht ausgeübt wird.
In der Fachliteratur wird meist zwischen symbolischer, institutioneller und personaler Diskriminierung unterschieden.
Symbolische Diskriminierung
Unter symbolischer Diskriminierung werden Benachteiligungen von Gruppen verstanden, die über Sprache und Bilder transportiert werden. Charakteristisch ist dabei, dass die diskriminierende Gruppe, die die Definitionsmacht inne hat, meist nicht in Erscheinung tritt. Diese Gruppe setzt sich selbst als unhinterfragbare Norm. Alle Personen und Merkmale, die davon abweichen, werden von ihr als „anders“, als „nicht normal“ markiert und abgewertet.
Bsp. 1: In der deutschen Sprache fungiert das generische Maskulinum als geltende Norm. Das Weibliche ist die Abweichung und ist immer auch als solche kenntlich. So wird etwa, wenn von „Lehrerinnen“ die Rede ist, niemand eine Gruppe aus Männern und Frauen vor Augen haben. Wird von „Lehrern“ gesprochen, sind Frauen jedoch wie selbstverständlich mit gemeint. Hinzu kommt eine stillschweigende Gleichsetzung von Männlichkeit mit positiven Merkmalen (männlich/mannhaft=stark und tapfer) und Weiblichkeit mit negativen Merkmalen (weiblich/weibisch=schwach und emotional, wobei Emotionalität negativ bewertet wird).
Bsp. 2: Symbolische Diskriminierung findet auch in bestimmten abwertenden Darstellungen von Personengruppen in den Medien statt. Wenn beispielsweise ein Comedian einen Jugendlichen mit Migrationshintergrund darstellen will, rekurriert er dazu meist auf stereotype Vorstellungen. Die verwendete Gestik, Mimik, Körperhaltung und Sprache (etwa mit Akzent und reduziertem Vokabular) dient dazu, diese Personengruppe als dumm und ungebildet darzustellen und damit abzuwerten. (Es ist darüber hinaus natürlich sehr problematisch, dass der Bildungsstatus einer Person symbolisch oft mit einer Wertung verknüpft ist.)
Institutionelle Diskriminierung
Als institutionelle Diskriminierung bezeichnet man Benachteiligungen, deren Ursachen in den Strukturen von Institutionen liegen. Die Diskriminierung geht dabei nicht von einzelnen Personen aus, sondern wird von diesen nur weitergetragen. Oft können diese Personen selbst nicht viel dagegen unternehmen.
Bsp.: Der Zugang zum deutschen Schulsystem ist oft durch Schichtzugehörigkeit, Migrationserfahrung in der Familie und Behinderung erschwert. Die Schule ist meist nur unzureichend darauf ausgerichtet, benachteiligte Personengruppen bedarfsgerecht zu fördern. Wenn diese institutionelle Diskriminierung noch durch subjektive Vorurteile einzelner Lehrer*innen verstärkt wird, spricht man von einer Verschränkung von institutioneller und personaler Diskriminierung.
Personale Diskriminierung
Als personale Diskriminierung bezeichnet man Benachteiligungen, die durch die individuellen Vorurteile einer Person oder einer Gruppe zustande kommen. Das können sowohl beleidigende Äußerungen als auch direkte Gewalt oder der Ausschluss einer oder mehrerer Personen aus einem bestimmten Kontext sein. Die Vorurteile, die der personalen Diskriminierung zugrunde liegen, können bewusst und unbewusst sein.