Gewaltschutzgesetz
Mit der Einführung des Gewaltschutzgesetzes im Jahre 2002 veränderte sich der öffentliche Diskurs über häusliche Gewalt (Gewalt im sozialen Nahraum). Der Slogan „Wer schlägt, der geht!“ wurde zum Prinzip einer neuen Debatte.
Häusliche Gewalt oder auch Partnergewalt liegt immer dann vor, wenn es in einer häuslichen Gemeinschaft (z.B. Ehe, Lebenspartnerschaft, Beziehung) zu Gewalt kommt. Dabei kann die häusliche Gemeinschaft auch gerade aufgelöst werden oder schon eine nicht allzu fern zurückliegende Trennung vorliegen. Die Tat muss nicht innerhalb der gemeinsamen Wohnung stattfinden.
Häusliche Gewalt ist kein eigener Straftatbestand. Alle möglichen Straftaten können bei einem solchen Näheverhältnis vorkommen, vor allem aber Beleidigungen, Bedrohungen, Körperverletzungen, sexuelle Nötigungen und sexueller Missbrauch, Sachbeschädigung, Nötigung, Freiheitsberaubung, Stalking.
Bei häuslicher Gewalt kann wie bei allen anderen Straftaten Strafanzeige erstattet werden, sodass ein Ermittlungsverfahren gegen den Täter eingeleitet wird. Häufig muss darauf geachtet werden, dass neben der Strafanzeige auch ein so genannter Strafantrag innerhalb von drei Monaten gestellt werden muss.
Bei akuter Gewalt innerhalb der häuslichen Gemeinschaft kann die Polizei, sobald sie hinzu gerufen wird, den Täter vorrübergehend aus der Wohnung verweisen und ihm verbieten, diese innerhalb der nächsten Tage wieder zu betreten. Um einen weiteren längerfristigen Schutz für die Betroffenen zu erlangen, können dann Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz geführt werden.
Dabei kann die Betroffene zum einen beantragen, dass ihr die Wohnung für einen längeren Zeitraum zugewiesen wird und der Täter die Wohnung nicht mehr betreten darf. Zum anderen kann sie auch eine so genannte Gewaltschutzverfügung erwirken, in der dem Täter z.B. jede Kontaktaufnahme, sei es per Telefon, per Mail, per Brief oder persönlich, verboten wird, in dem ihm verboten wird, näher als z.B. 100 Meter an die Betroffene, an deren Wohnung, ihre Arbeitsstelle, die Kita des Kindes, die Wohnung der Großeltern etc. heranzukommen und er bei einem zufälligen Zusammentreffen sofort diesen Abstand wieder einzunehmen hat.
Die Betroffenen können selbst bei der Rechtsantragstelle in ihrem Familiengericht die entsprechenden Anträge stellen und häufig ergeht die Gewaltschutzverfügung direkt am selben Tag.
Verstößt der Täter gegen die Gewaltschutzanordnung, so kann er deshalb auf Antrag sowohl zur Zahlung eines Ordnungsgeldes als auch strafrechtlich verurteilt werden.
Problematisch wird das Verfahren, wenn es gemeinsame Kinder gibt. Denn mit der Durchführung des Umgangs mit dem Kind wird häufig die Kontaktaufnahme zur Betroffenen gerechtfertigt. In diesen Fällen sollte unbedingt rasch ein/e Rechtsanwält/in eingeschaltet werden.
Gewaltschutz und Behinderung
Auch bei Frauen mit Behinderungen greifen Gewaltschutzmaßnahmen nicht immer, darunter die polizeiliche Gefahrenabwehr und die Möglichkeiten des Gewaltschutzgesetzes. So fehlen oft schnelle und unbürokratische Möglichkeiten der Sicherstellung der Assistenz oder Pflege, wenn eine Trennung der betroffenen Frau und dem gewalttätigen Partner notwendig ist.
In stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe entfällt oft die Option der Wegweisung des Täters, sofern dieser auch in der Einrichtung lebt und einen Anspruch auf Leistungen der Rehabilitation hat. Außerdem setzt laut Gewaltschutzgesetz eine Wohnungszuweisung voraus, dass die betroffene Person und der Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt haben. In stationären Einrichtungen gilt dies meist als nicht gegeben.
Eine Trennung von Tätern und gewaltbetroffenen Frauen muss dennoch gewährleistet werden. Möglich sind hier unter anderem auch arbeitsrechtliche Maßnahmen oder die Kündigung des Heimvertrags. Problematisch ist, wenn juristische Schritte zum Schutz vor Gewalt in Einrichtungen nicht selbst von den betroffenen Frauen veranlasst werden können, sondern in Händen der Einrichtungsleitung liegen. Gewaltbetroffene Frauen mit Behinderung selbst haben oft wenig Entscheidungsmöglichkeiten und Handlungsspielräume.
Auch wenn Frauen Schutz und Unterkunft suchen und ihren Wohnort schnell verlassen müssen, stoßen sie auf Barrieren. Viele Schutzeinrichtungen wie Frauenhäuser sind für Frauen mit Behinderung und Assistenzbedarf nicht zugänglich, eine kurzfristige und schnelle Unterbringung ist schwierig, wenn die Betroffene auf Assistenz angewiesen ist. Hierfür bedürfte es neben der Finanzierung barrierefreier Umbauten zugleich unbürokratischer Wege zur Bereitstellung und Finanzierung von Assistenz.
Fachberatungsstellen informieren Betroffene über ihre rechtlichen Möglichkeiten und können spezialisierte Anwältinnen oder Anwälte vermitteln.
Informationen zum Gewaltschutzgesetz (Broschüre des BMFSFJ)